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Durch Quito und den Nebelwald

Von einer Busfahrt und der Ankunft in Canoa

Nach ein paar Wochen soll ich bereits mehr von Ecuador zu sehen bekommen: Über die Anden hinweg und durch Quito und den Nebelwald hindurch wieder bergab, fahren wir in einer kleinen Gringo-Gruppe eben mal fürs Wochenende in einer 14-stündigen Busfahrt an die Küste. Bereits zum zweiten Mal darf ich erleben, wie die holprige Schüttelpartie durch aus den Boxen krachende süd­amerikanische Klänge angemessen untermalt wird. Angemessen eher wegen des Abenteuers als wegen der Tageszeit, die eher Nachtzeit und eher unchrist­lich für ein solches Gebaren ist. Dafür aber dröhnt sie mir ein bisschen die Angst, überfallen zu werden aus dem Kopf und lockert meine, sich um den Rucksack gekrallten Arme.

Vermeintlich vorsorglich (man könnte es vielleicht auch paranoid nennen) wie ich bin, habe ich nur ein paar Dollarnoten dabei, eingewickelt in den Beipack­zettel meines Malariamedikaments. Sowohl meinen Reisepass als auch meine Bankkarte lasse ich zu "Hause", getreu dem Motto: wo nix ist, gibts auch nix zu klauen. Beides wird mir natürlich nur wenig später auch schon zum Verhäng­nis: Die Militärkontrolle nahe der kolumbianischen Grenze, die uns mitten in der Nacht aus Schlaf und Bus reißt, ist not very amused über meine, sich bereits in vier Teile zerfleddernde Schwarz-Weiß-Passkopie, und das Geld in meiner Medika­mentenschachtel reicht nicht aus für meine Surfergelüste, die sich explosionsartig in meinem Hormonhaushalt bemerkbar machen, als ich bei der Ankunft in der Morgensonne Canoas zum ersten Mal die Pazifikwellen erblicke.

Regenwald bei Tena in Ecuador
Bild rechts: © Anja Bosch
Regenwald bei Tena

Nichtsdestotrotz wird es ein wunder­barer und sprichwörtlich horizonter­weiternder Kurzurlaub und dank einiger, schnell geschlossener neuer Freundschaften kom­me ich trotzdem die ein oder andere Stunde zu dem Hoch­genuss, mich mit Hilfe eines raffiniert geschnittenen Stück Holzes als Herrin über die Meere fühlen zu dürfen.
Sie gefallen mir, die Menschen hier. So ganz anders als die eher untersetzten Indios mit ihren markanten indiani­schen Gesichtszügen, macht sich in dieser Region der afrikanische Einschlag bemerk­bar. Vollere Münder lachen in weniger flachen Gesichtern, um die sich nicht selten kaffeefarbene Locken rin­geln.

Dieselben Münder, die mir Geschichten über den Küstenort erzählen, der immer wieder mit Schiessereien und rivalitätsbedingten Brandstiftungen zu kämpfen hat, und der vor zehn Jahren von einem Erdbeben heimgesucht wurde, welches sämtliche Bewohner Canoas seiner Behausungen beraubte.

Die Nächte schlagen wir uns in den nicht schließen wollenden Strandbars und Diskotheken um die Ohren, in denen seit Kurzem auch der ein oder andere, durch Touristen importierte, elektronische Klang die Runde macht. Da die Ecuatorianer es nicht besser wissen, lasse ich mich von denselben zu House- und Techno-Musik im Paartanz wiegen, kann aber nicht an mich halten, sie zu belehren, dass man zu dieser Musik eher alleine in grotesken Verrenkungen abzappelt.

Anja Bosch, im April 2009 – Erlebnisse in Ecuador – Kapitel II

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Fußnoten, Anmerkungen und Kommentare:

1 von H. Müller

Ein kleiner Hinweis: Liebe Leser, Canao bitte nicht mit der brasilianischen Großstadt Canoas oder mit Canoa Quebrada verwechseln, welche ebenfalls in Brasilien gelegen ist. Canoa ist eine Küstenstadt und liegt im Westen Ecuadors im Kanton San Vicente. Sonne, Strand und Meer sind para­diesisch schön und neben Baden und Wellenreiten sollen auch gelegent­liche Walbeobachtungen möglich sein.

 

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