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Odyssee in Rom

Über die verheerenden Verkehrslage in Rom

Die zweite Lektion, die ich vor sechs Jahren gelernt habe, die mich allerdings erst wieder Überwindung kostet, ist heil über die Straße zu kommen. Es gibt zwar Zebrastreifen, aber da bleibt kein Mensch, bzw. kein Auto stehen. Dasselbe gilt für die Ampeln, sie stellen eher grobe Richtlinien, als zu be­folgende Gesetze dar. Was also tun?

Straßenverkehr in Rom am Abend
© www.pixelio.de / Foto: Rainer Sturm
Straßenverkehr in Rom

Um nicht bis in alle Ewigkeit- obwohl auch das nicht das größte Übel in Rom wäre, die nächste Bar mit Dolci zum dahinschmelzen gibt es auch auf meiner Straßenseite- an einer Stelle zu verweilen, holt man tief Luft, macht die Augen ganz fest zu..... und läuft!!
Es kann sein dass quietschende Reifen zu hören sind, doch das lässt keinen Rückschluss auf die Ge­schwin­digkeit und die damit verbun­dene von den Autos ausgehende Gefahr zu, sondern eher darauf, dass man sich den TÜV in Italien auch kaufen kann.

Reaktionsschnell sind sie, die Italiener! Trotz der verheerenden Verkehrslage und der überdimensional hohen Zahl an Verkehrszeichenmissachtungen liegt die Unfall­rate in Italien unter der Deutschen. Ob das etwas damit zu tun haben könnte, dass der Deutsche anhält wenns rot ist, obwohl kein Fußgänger zu sehen ist, und fährt wenns grün ist AUCH WENN Fußgänger zu sehen sind?

Ich weiß es nicht. Jedenfalls funktioniert diese "Einfach loslauf-Methode" über­all in Italien, außerdem ist es eine kleine Mutprobe, nach der man sich fast wie Jesus fühlt, nachdem er übers Wasser gelaufen ist. Oder wie Dante, nachdem er die Dimensionen der Hölle durchlaufen hatte.

Jeden Morgen auf dem Weg (oder soll ich es besser Odyssee nennen?) zur Uni falle ich erst einmal die Treppen hinunter direkt auf den Markt in unserer Straße. Es ist ein Ritual. Jeden Morgen begrüßt mich der gemütliche, bärtige Mann am Stand vor unserer Haustür mit einem tösenden: "Ecco la più bella del mercato!" ("Da ist sie ja, die Schönste des ganzen Marktes!") und schenkt mir eine Erdbeere.
Das ein oder andere Klichee bezueglich der Italiener stimmt wohl, ich bin groß und blond und somit eine Attraktion. Zur Krönung eines sonnigen Tages­anfanges be­komme ich vom Blumenmann an der Ecke, – ok, er ist zwar Marokkaner und kein Italier, aber immerhin...– eine Rose zugesteckt.

Ich fühle mich wie Audrey Hepburn, obwohl ich erst einen Zug und dann die Metro benutzen muss, ehe ich an der "Piazza del Popolo" in die Tram umsteigen kann, die mich meinem Ziel, der Sport-Uni etwas näher bringt.

An der sonnigen Piazza angekommen, nutze ich die Gelegenheit und kippe einen Cappuccino in meiner Lieblingsbar hinunter und schenke der Frau an der Kasse meine Rose, um keinen Neid unter den heißblütigen Italienerinnen an der Uni zu erregen.

Wenn man auf das Gelände der Sport-Uni im Norden Roms zugeht, auf dem sich auch das Olympia-Stadion, sowie der Sitz des Nationalen olympischen Komitees befindet, macht das Gelände erst einmal einen erhabenen Eindruck. Ein Obelisk ziert den Platz vor den beiden Hauptgebäuden, die Stadien sind von Marmorstatuen umrahmt, und hinter dem beeindruckenden Komplex erhebt sich sanft der Hügel des "Monte Mario", auf dem Pinienwäldchen wachsen und den eine goldene, in den Himmel ragende Statue krönt. Bei näherem Hinsehen liest man auf dem Obelisk aber die Inschrift "Mussolini" und muss erkennen dass die Statuen um die Stadien nicht griechische Götter, sondern faschistische Ideale des italienischen Mannes darstellen. Außerdem sind sie nicht aus Marmor sondern aus Gips.

Anja Bosch, im Februar 2009

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