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Der Wilddieb

Bänkellieder & Küchenlieder

Einst, lang ist es her, kannte der Mensch weder Rundfunk noch den Kommerz der Unterhaltungsindustrie, wollte auf Musik dennoch nicht verzichten. In Kreisen der Aristokratie und des Adels, später des gehobenen Bürgertums, gaben sich bedeuten­de Musiker die Ehre. Kunstgenüsse, welche der breiten Masse des Volkes verwehrt blieben. Doch hier waren es die Bänkelsänger mit ihren Bänkelliedern, die diese Lü­cke im Angebot für untere Schichten der Bevölkerung schlossen.

Bänkelsänger zogen von Ort zu Ort mit Schaustellern und anderen Fahrenden Volk, stellten sich auf ein kleines Bänkel, damit sie auch gesehen werden und trugen auf dem Bänkel ihre Bänkellieder vor. Ein Musikinstrument hatten sie auch dabei, eine Leier. Während sie sangen, drehten sie an dieser Leier, eine Walze zupfte an den Seiten, so entstanden die musikalischen Töne. Bildertafeln mit entsprechend gemal­ten Szenen, passend zum jeweiligen Bänkellied, runde­ten den kulturellen Genuss ab. Da diese oftmals schaurigschönen Bänkellieder teilweise mehr dem Namen Lyrik verdienen, als das eine oder andere lyrische Werk, so soll hier eins dieser Bänkellieder vorgestellt werden. Der Wilddieb[1] und weitere Moritäten, Bänkel­lieder und Küchenlieder sind erhältlich unter dem folgenden Link bei Amazon.de.


Der Wilddieb

1.) Was schleicht dort im nächtlichen Walde
so einsam wildernd umher?
Hält in seiner Rechten,
so krampfhaft und fest sein Gewehr?

2.) Da tritt aus dem nahen Gebüsche
ein stolzer Hirsch hervor.
Er wittert nach allen vier Seiten,
hebt stolz sein Geweih empor

3.) Halt, Schurke, die Büchse herunter,
so tönt es von drüben her.
Dich, Wilddieb, dich such ich schon lange,
von der Stelle kommst du mir nicht mehr.

4.) Der Wilddieb, der gibt keine Antwort,
er kennt seine sichere Hand.
Ein Schuss fällt und gleich drauf ein Aufschrei,
und der Förster liegt sterbend im Sand
 
5.a) Du bist heut im Zweikampf gefallen,
der Wilddieb drauf reumütig spricht,
du hast deine Pflicht treu erfüllet,
doch das was ich tat, weiß ich nicht.

5.b) Du bist heut im Zweikampf gefallen,
wärst du´s nicht, so wäre es ich.
Du hast deine Pflicht treu erfüllet,
doch das Wildern, das lasse ich nicht.

6.) Da drückte der Wilddieb dem Förster,
die gebrochenen Augen zu,
und flüsterte leise die Worte:
Gott schenke dir ewige Ruh.

7.) Er stellt sich im Ort dem Gendarmen,
gepeinigt von Reue und Glut,
Gott schenk meiner Seele Erbarmen,
ich büß für des Försters Tod.
 

Ist der Wilddieb ein Bänkellied oder ein Küchenlied? Bänkellieder waren nicht nur lyrisch, oft traurig und schön zugleich, sie waren auch einprägsam. Das was früher ein gutes Bänkellied war, ist heute nur mit einem Sommerhit vergleich­bar. Und so wie heute ein Sommerhit von vielen Menschen zu den unterschied­lichsten Gelegenheiten nachgetrillert wird, so wurde vermutlich ein gutes Bänkellied von Dienstbotinnen und Köchinnen bei der Arbeit in den Küchen der herrschaftlichen Häuser nachgetrillert. Irgendwann reifte dann der Begriff Küchenlieder.
 

Fußnoten, Anmerkungen und Kommentare:

1 Einst durften alle Menschen im germanischen Raum jagen, letztendlich waren es doch sesshaft gewordene Jäger und Sammler. Doch dieses Grundrecht der Menschen zur Erlegung von Wildbret zur Selbstversorgung wurde mit den Jahrhunderten immer mehr vom Adel eingeschränkt, bis den Menschen nur noch die Jagd auf Niederwild gestattet wurde.
Die Hohe Jagd auf stattliche Hirsche und ähnlich prächtiges Getier, welches nachhaltig die Nahrungssituation mansch Ärmeren verbessert hätte, wurde dem einfachen Volke hin­gegen untersagt. Wer es dennoch in klaren Mondscheinnächten versuchte, der­jenige galt fortan als gemeingefährlicher Wilddieb und wurde zuweilen mit Zuchthaus oder gar mit dem Tode bestraft. Kein geringerer als Friedrich Schiller griff dieses Thema aus und fasste eine wahre Geschichte in Worten, deren Inhalt auf folgender Seite in der Wikipedia in Kurzform nach­zulesen ist: Der Verbrecher aus verlorener Ehre

 

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