Wolkengold - Philosophisches und Wissenswertes

Navigation | Impressum


Galerien
Rund ums Leben
Lyrik und Prosa


Impressum

 

Von Zünften und vom Zunftwesen

Handwerk und Gewerbe – Neuzeit und Geschichte

Wer sich beruflich unabhängig und selbstständig machen möchte, muss in der der Regel ein Gewerbe anmelden und benötigt dafür einen Gewerbeschein (Formular für eine Gewerbe-Anmeldung). Bei der Anmeldung muss er dazu in diesem amt­lichen Formular vermerken, ob die Art seiner zukünftigen unter­nehmerischen Tätig­keit dem Handwerk, der Industrie oder dem Handel zuzu­ordnen ist oder unter Sonstiges fällt. Fällt seiner geplanten Tätigkeit in dem Bereich des Handwerks, muss er weiterhin angeben, ob eine Eintragung in die Handwerksrolle erfolgte und eine Handwerkskarte vorliegt.
Ausgenommen von einer Anmeldung sind nur einige wenige freie Berufe, wie zum Beispiel Autoren, Journalisten oder Künstler. Ebenfalls benötigen Land­wir­te keine Gewerbeanmeldung, da diese dem Wirtschaftssektor der Urpro­duktion zugerechnet werden. Für alle anderen ist die Anmeldung eines Gewerbes hin­gegen obligatorisch. Doch was ist eigentlich ein Gewerbe und was verbindet ein neuzeitliches Gewerbe noch mit den Zünften und dem Zunft­wesen aus längst vergangenen Tagen?

Nun ein Gewerbe ist praktisch jede selbstständige Tätigkeit, die auf Dauer zur Er­zielung von Gewinn auf eigene Rechnung betrieben wird. Die Rahmenbe­dingungen für ein Gewerbe werden in der Gewerbeordnung und in verwandten Rechtsvor­schriften festgelegt und ein Gründer tut gut daran, sich über die wichtigsten Punkte dieser Rechtsvorschriften bereits im Voraus zu informieren oder sich durch einen fachkundigen Anwalt oder Vertreter seiner für ihm zu­ständigen Kammer (IHK, HWK) beraten zu lassen.
Beim Gewerbe wird zwischen handwerklichen Gewerbe (dem sogenannten Voll­handwerk), handwerksähnlichen Gewerbe und Gewerbezweigen unter­schie­den, die nicht von der Handwerksordnung erfasst sind.

Das Handwerk hat in deutschen Landen eine lange Tradition. Einer der ersten hand­werklichen Berufe war sicherlich der Dorfschmied. Körbe flechten, Brote backen, eventuell auch einfache Töpferwaren fertigen, konnten die in länd­licher Umgebung weitestgehend auf sich gestellt lebenden Menschen im frühen Mit­tel­alter sicherlich noch selbst. Nicht aber Metall verarbeiten.
Doch noch vor dem frühen Mittelalter kamen die Römer und mit den Römern kamen militärische Lager, aus denen im weiteren geschichtlichen Verlauf erste Marktzentren entstanden, die zu späteren Stadtgründungen führten. In diesem Zu­sammenhang werden Namen wie Augsburg, Mainz, Worms und weitere erwähnt. Weitere Zentren entstanden im Umfeld von größeren Klöstern und Bistumssitzen, hier fallen Namen wie Erfurt und Fulda, wobei Arnstadt als älteste Stadt von Deutschland im Jahre 704 gegründet wurde.


Handel, Handwerk, Märkte und Zünfte in den Städten des späten Mittelalters.

Im Mittelalter schlossen sich die Handwerker vielfach zu Zünften zusammen, was in einer dörflichen Gemeinschaft noch nicht der Fall war. Das Zunftwesen entwi­ckelte sich mit dem Wachsen der Städte und der Erstarkung des Bürger­tums. Die ersten Zünfte wurden im 12. Jahrhundert gegründet, wie es verschie­dentlich nach unterschiedlichen Quellen heißt.
Die Handwerkszünfte regelten, ähnlich wie heute die Handwerkskammern in Gemeinschaft mit den Innungen, gewisse Ausbildungs- und Arbeitsregelungen, weiterhin im gewissen Maße die Qualitätsanforderungen an den gefertigten Pro­dukten. Darüber hinaus linderten Zünfte durch finanzielle Beihilfen die größte Not, wenn Familien von erkrankten oder verstorbenen Mitgliedern auf diese Hilfen an­gewiesen waren.

In ähnlicher Weise verkörpern heute Innungen und Kreishandwerkerschaften das, was den mittelalterlichen Zünften und den einstigen Zunftwesen ent­spricht, wobei anderes den Renten- und Krankenkassen vorbehalten bleibt.
Sehr weit entfernt von der Realität ist dieser Vergleich von Zünften und dem Zunft­wesen zu heutigen Innungen und dem Kreishandwerkerschaften sicher­lich nicht, denn immerhin wurden Zünfte zuweilen auch mit den Ausdrücken Gilden oder Innungen als Äquivalent betitelt.[1] Wer ein selbständiges Hand­werk ausüben wollte, dem blieb damals nichts weiter übrig, als einer in einer Zunft Mitglied zu werden.
Mit der Mitgliedschaft verhält es sich heute nicht viel anders einst, da ein Voll­handwerk nur der Handwerker ausüben darf, der in der Handwerksrolle einge­tragen ist und der einen jährlichen Beitrag an die Handwerkskammer löhnt.
Ob nun das Festhalten an alten Traditionen gut ist oder dem europäischen Fortschritt entgegensteht, darüber wurde vielfach gestritten und debattiert. Einige Anpassungen erfolgten, auf die wir hier nicht im Einzelnen eingehen möchten, doch unter ande­rem wurde im Jahre 2004 die Anzahl der in die Hand­werksrolle eintra­gungs­pflichtigen Gewerke von 94 auf 41 reduziert. Wei­terhin eine Meisterprüfung (insofern keine Ausnahmegenehmigung vorliegt) muss in Gewerken abgelegt werden, bei denen besondere Gefahren bestehen, für Kun­den wie für Dritte. Und ohne bestandene Meisterprüfung keine Eintra­gung in die Handwerksrolle und keine Handwerkskarte, es sei denn eine Aus­nahmege­nehmigung liegt vor.

Doch auch ein Gewerbetreibender, dessen Tätigkeitsfeld nicht der Kontrolle durch die Handwerkskammer unterliegt, ist selten vom neuzeitlichen Zunft­wesen befreit. Generell besteht zwar laut der Gewerbeordnung in Deutschland ein Recht auf Ge­werbefreiheit, doch wo ein Recht existiert, dort existieren nebenher auch Pflichten, die dieses Recht regeln. So besteht für alle anderen Gewerbetreibenden, die nicht von der Handwerkskammer erfasst werden, eine Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer. Ausgenommen hiervon sind nur Kleingewerbe­treibende, sowie eventuell noch einige Frei­berufler und, wie weiter oben bereits erwähnt, kleinere Landwirte, die keine industrielle Produktion betreiben.
 

Fußnoten, Anmerkungen und Kommentare:

1 In der Neuzeit wird zur besseren Unterscheidung unter Zunft mehrheitlich der Zu­sammenschluss von Handwerksmeistern verstanden, der Begriff Gilden hingegen mehr den Vereinigungen von Kaufleuten zugerechnet, doch das war nicht immer so. Zumindest gibt es den Begriff Handwerksgilden noch, wenngleich nur noch in mittel­alterlichen Spielen gebräuchlich.

 

Unsere
Buchempfehlung



Copyright © Verlag Horst Müller 2006 | Impressum | Datenschutz und Nutzungsbedingungen